Dienstag, Juli 25, 2006

Nur eine Sonntags-Radtour

Sonntag morgens um 7:30 Uhr klingelte der Wecker und ich war noch gar nicht ausgeschlafen. War ich doch erst am Vorabend kurz vor Mitternacht vom Kunden gekommen. Da waren dann bis zwei Uhr nachts einige Vorbereitugnen zu treffen: Strecke heraussuchen, Schlauch flicken usw.

Langsam raffte ich mich auf. Ein paar Brote waren schnell geschmiert, die Radflaschen wurden aufgefüllt + ab gings zum Treffpunkt. Wir hatten uns um 8:00 Uhr verabredet. Leider kam niemand, also 10km weiter gedüst, wo Carmen sich angesagt hatte. Pünktlich um 8:27 kam ich an. Erfreut sah ich schon von weitem, dass sie bereits dort wartete, um mit mir zu biken. Wir konnten ganz entspannt einen wunderbaren Radweg an der Pegnitz entlang rollen, um dann nach ein paar Abbiegungen den offiziellen Radstart zu erreichen. Wir fanden ohne Umwege zum Ziel, was eher ungewöhnlich für meine kartographischen Interpretationen war.

Am Start trennten wir uns, da wir in unterschiedlichen Leistungsklassen fuhren. Alles klappte wunderbar, bis zur vorletzten Verpflegungsstation. Erster Platten nach 150 km. Ärgerlicherweise stellet ich fest, dass der Mantel komplett durchgefahren war. Als Notbehelf legte ich etwas Plastik-Folie unter die schadhafte Stelle. Angenehm viel mir auf, dass vorbeifahrende Kollegen freundlich fragten, ob alles OK sei. Nachdem ich den Ersatzschlauch eingebaut hatte, rollte ich wieder volle Kraft voran.

Die Reparatur war leider nicht von langer Dauer, der Mantel war einfach hinüber. Mangels Ersatz machte ich einen Knoten in den Schlauch und stopfte ihn in den 13 mm breiten Mantel hinein. Kräftig aufgepumpt, gab es bei jeder Umdrehung einen kleinen Ruck, was ich aber ignorierte, da ich nur noch heimkommen wollte.

Durch den heißen Sommer war alles sehr trocken. Oben in der Böschung hörte ich ein merkwürdiges Knistern. Bei näherem Hinsehen brannte dort das Gras, was mich sehr befremdete. Manchmal muss man sich schon über die Dummheit der Menschen wundern. Hatte doch jemand glühende Grillkohle im trockenen Gras entsorgt. Ich trat das Feuer aus und düste weiter.

Zu meinem Leidwesen hielt die Luft im Schlauch nicht lange und der Reifen war bald wieder platt. Die Gegend war wunderschöne, aber sehr einsame. Das einzige Haus weit und breit war eine Mühle. Als ich das Grundstück betrat, empfing mich wildes Hundegebell, aber ansonsten waren alle Wohngebäude verlassen. So stellte ich mein Rennrad nach Über 160 km etwas versteckt auf eine Terrasse. Auch meine Schuhe musste ich dort lassen, da sie mit den Klick-Pedalen nicht zum Laufen geeignet waren.

Ich wanderte also barfuss an der Straße entlang. Der heiße Asphalt brannte an meinen Füßen. Trotzdem war es herrlich, die Natur zu genießen: Den Wald zur rechten, dessen Bäume an einigen Stellen Schatten auf den Weg spendeten, die Wiesen gegenüber, mit unterschiedlichen Farbtupfern durch die bunten Blüten.

Die Luft war voller Vogelgezwitscher und in der Ferne hörte ich einen Mäusebussard. Am liebsten hätte ich mich auf der Stelle in´s Gras gesetzt und diese sommerliche Atmosphäre genossen. Goethes Worte kamen mir in den Sinn: "Werd` ich zum Augenblicke sagen: 'Verweile doch, du bist so schön' ..." Wäre es nicht herrlich, diese Momente mit jemandem zusammen schweigend zu erleben?

Die Zeit verging schnell, nach 20 min. Wandern kam das erste Auto. Ich steckte den Daumen aus, um zu trampen. Überraschenderweise hielten die beiden jungen Männer an, um mich mitzunehmen. Ich durfte hinten neben dem jungen Mädchen sitzen, die mir erst jetzt auffiel. Der Wagen hatte einen Anhänger mit Motorrad und wir holten sogar mein Rad ab, um es dazu zu stellen. Endstation war Dieterdorf, wo wir vor einem Cafe anhielten.

Wohin jetzt mit meinem defekten Rad? In Gedanken schob ich es in dem Ort vor mich hin, bis ich vor einem Häuschen mit vielen Blumen stand. Dort klingelte ich. Eine ältere Frau machte auf und zuckte ein wenig zusammen, als sie mich in meinem knallgelben Radtrikot mit kurzer Hose sah. Etwas unfreundlich und kurz angebunden meinte sie, ich solle mein Rad in den Hof um die Ecke schieben. Dort saß auch Ihr Mann und sie taute ein wenig auf.

Zurück auf der Landstraße ging ich dorfauswärts, um erneut zu trampen. Es begann zu donnern. Als die ersten Regentropfen fielen, befürchtete ich schon, dass es wieder eines der Gewitter der letzten Tagen geben würde. Nach einer halben Stunde hielt ein kleiner, schwarzer Golf an. Der ganze Wagen war voll mit Plunder, auch der Beifahrersitz war mit einem Kindersitz belegt.

Die freundliche, recht chaotische Frau hielt an und während sie mich fragte, wohin ich wolle, pfropfte sie alles nach hinten und bat mich hinein. Sie hatte mich schon vorher im Ort beobachtet und war extra hinter mir hergefahren. Unglaublich, ich wunderte mich wirklich, was alles so passiert. Wir fuhren heim zu ihr, um die Kinder und eine Freundin abzuholen. Sie wollten gemeinsam in den Nachbarort, um dort die beste Eisdiele weit und breit zu besuchen. Da nicht alle Personen im Auto platz hatten, fuhren wir mit zwei PKW´s.

Die Fahrt war ganz nach meinem Geschmack: Sehr rasant über die kurvigen Landstraßen. Es machte Spaß. Als ich mich am Ziel herzlich bedankte, war es allen ziemlich egal; Hauptsache, sie waren an der Eisdiele - auch recht.

Ein paar Meter weiter führte ein Bahnübergang über die Hauptstraße. Die Schranken waren geschlossen, da ein Zug kam, und drei Autos warteten. Der letzte war ein Oldtimer: Triumph 2500. Zwei junge Kerle in rotem T-Shirt saßen darin. Ich redete sie durch das offene Fenster an. "Ja, sie fuhren in meine Richtung, aber nur in den Vorort." Optimal, dachte ich, genau richtig, besser könnte es gar nicht kommen. Ob sie mich mitnehmen könnten? "Ja" war die etwas zögerliche Antwort. Also stieg ich ein. Der Triumpf fuhr ziemlich schnell, dafür brauchte er auch 17 l. Was ich aber lernte war, dass ein Oldtimer nur € 83.- Steuern im Jahr kostet, und ähnlich wenig Versicherung. Da konnte man schon mal etwas mehr Sprit verbrauchen.

Wie klein die Welt doch ist. Die beiden Jungs hatten vor drei Wochen den gelben DAF von meinen Nachbarn gekauft. 250m vor meiner Wohnung ließen sie mich heraus. Mit beflügeltem Schritt schaffte ich auch noch die letzte Strecke.

Das Abholen des Rades mit dem Auto ging reibungslos. Die Frau in Dietenhofen meinte, ich könne jederzeit wiederkommen. Sie spielten gerade "Mensch-Ärgere-Dich-Nicht". Mit einem Schmunzeln hörte ich, wie gerne sie spazieren gehe + dass sie auf jeden Fall heute noch etwas machen werde. Auf dem Rückweg gönnte ich mir dann ein Eis bei der "besten Eisdiele in der Umgebung".

Es war ein erlebnisreicher Tag. Immer wieder stelle ich fest, wie nett und hilfsbereit die Menschen sind. Es hat mich gefreut, so viele neue Eindrücke mitzunehmen.

LG und einen schönen Sommer wünscht Dir
Dein triathlet


©triathlet 2005 - eMail: anchises@gmx.net zurŸck